Zwillinge unterhalten sich

 

Im Mutterleib wuchsen Zwillinge heran. In dem Maße wie ihr Bewusstsein, stieg auch ihre Freude: „Ist es nicht wunderbar, dass wir leben?“, sagte eines Tages der eine zum anderen.„Oh ja“, meinte der Angesprochene, und plantschte ein wenig mit seinen kleinen Händchen durch das Wasser, in dem sie schwammen, so dass es kleine Wellen schlug. Die Zwillinge begannen im Laufe der Zeit ihre Welt zu entdecken. Dabei fanden sie auch die Schnur, die sie mit ihrer Mutter verband und ihnen Nahrung gab.

 

Beglückt sagten sie: „Wie groß ist doch die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!“ So vergingen die Wochen und sie bemerkten, wie sie sich veränderten. „Was bedeutet es, dass wir uns im Laufe der Zeit so verändern?“ fragte der eine den anderen. Der antwortete: „Das bedeutet, dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald dem Ende zugeht.“

„Aber ich will doch gar nicht gehen,“ entgegnete der zweite, und fügte hinzu: “Glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?"

“Ja, das gibt es. Unser Leben hier ist nur dazu gedacht, dass wir wachsen und uns auf das Leben nach der Geburt vorbereiten, damit wir stark genug sind für das was uns erwartet." “Blödsinn, das gibt es doch nicht. Wie soll denn das überhaupt aussehen, ein Leben nach der Geburt?". “Das weiß ich auch nicht so genau. Aber es wird sicher heller als hier sein. Und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen?".

 

“So ein Unsinn! Herumlaufen, das geht doch gar nicht. Und mit dem Mund essen, so eine komische Idee! Es gibt doch eine Nabelschnur, die uns ernährt und die ist ja jetzt schon zu kurz zum Herumlaufen.“ “Doch es geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders!". „Wir werden unsere Lebensschnur verlieren. Wie aber sollen wir ohne sie leben? Vielleicht haben andere vor uns schon diesen Mutterschoß verlassen, doch keiner von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass es ein Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende, da bin ich mir ganz sicher!“

 

“Es ist noch nie einer zurückgekommen von “nach der Geburt“. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende, danach ist alles dunkel und Quälerei“. So fiel der eine, der Pessimistische von beiden, in einen tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann das Leben im Mutterschoß? Es ist sinnlos. Vielleicht gibt es gar keine Mutter?“

„Aber sie muss doch existieren“, protestierte der andere, „wie sollten wir sonst hierhergekommen sein? Und wie könnten wir am Leben bleiben?“ “Auch wenn ich nicht genau weiß, wie das Leben nach der Geburt aussieht, jedenfalls werden wir dann unsere Mutter sehen und sie wird für uns sorgen“. “Mutter? Du glaubst an eine Mutter? Sag mir, hast du je unsere Mutter gesehen?“ fragte der erste, „Möglicherweise lebt sie nur in unserer Vorstellung, und wir haben sie uns bloß ausgedacht, damit wir unser Leben dann besser verstehen können. Wo ist sie denn bitte?

 

“Na hier, überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie können wir gar nicht sein“. “Quatsch! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht“. Doch manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt…“ So waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großen Ängsten. Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie die Augen und was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume und Vorstellungen.

 

 Verfasser unbekannt

 

 

 

Das perfekte Herz

 

Eines Tages stand ein junger Mann mitten in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz im ganzen Tal habe. Eine große Menschenmenge versammelte sich, und sie alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm Recht, es war wirklich das schönste Herz, das sie je gesehen hatten. Der junge Mann war sehr stolz und prahlte noch lauter über sein schönes Herz.

 

Plötzlich tauchte ein alter Mann vor der Menge auf und sagte: "Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so schön, wie meines." Die Menschenmenge und der junge Mann schauten das Herz des alten Mannes an.

 

Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig, und es gab einige ausgefranste Ecken.... Genau gesagt, an einigen Stellen waren tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten. Die Leute starrten ihn an: wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie?

 

Der junge Mann schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte: "Du musst scherzen", sagte er, "dein Herz mit meinem zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen."

 

"Ja", sagte der alte Mann, deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen. Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen, und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten. Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt manchmal auch ein Risiko einzugehen. Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde... und ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?"

 

Der junge Mann stand still da und Tränen rannen über seine Wangen. Er ging auf den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm das Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde in des jungen Mannes Herzen. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte.

Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen. Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite.

     

Narben auf dem Körper bedeuten, dass man gelebt hat....

      Narben auf der Seele bedeuten, dass man geliebt hat....

 

Verfaser unbekannt

 

 

 

Es ist nicht alles so, wie es scheint

 

Zwei reisende Engel machten Halt, um die Nacht im Hause einer wohlhabenden Familie zu verbringen. Die Familie war unhöflich und verweigerte den Engeln, im Gästezimmer des Haupthauses auszuruhen. Anstelle dessen bekamen sie einen kleinen Platz im kalten Keller.

 

Als sie sich auf dem harten Boden ausstreckten, sah der ältere Engel ein Loch in der Wand und reparierte es. Als der jüngere Engel fragte warum, antwortete der ältere Engel: "Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen."

In der nächsten Nacht rasteten die beiden im Haus eines sehr armen, aber gastfreundlichen Bauern und seiner Frau. Nachdem sie das wenige Essen, das sie hatten, mit ihnen geteilt hatten, ließen sie die Engel in ihrem Bett schlafen, wo sie gut schliefen. Als die Sonne am nächsten Tag den Himmel erklomm, fanden die Engel den Bauern und seine Frau in Tränen. Ihre einzige Kuh, deren Milch ihr alleiniges Einkommen gewesen war, lag tot auf dem Feld.

 

Der jüngere Engel wurde wütend und fragte den älteren Engel, wie er das habe geschehen lassen können? "Der erste Mann hatte alles, trotzdem halfst du ihm", meinte er anklagend. "Die zweite Familie hatte wenig, und du ließest die Kuh sterben.

"Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen", sagte der ältere Engel.

 

"Als wir im kalten Keller des Haupthauses ruhten, bemerkte ich, dass Gold in diesem Loch in der Wand steckte. Weil der Eigentümer so von Gier besessen war und sein glückliches Schicksal nicht teilen wollte, versiegelte ich die Wand, so dass er es nicht finden konnte.

 

Als wir dann in der letzten Nacht im Bett des Bauern schliefen, kam der Engel des Todes, um seine Frau zu holen. Ich gab ihm die Kuh anstatt dessen.

 

Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen."

Manchmal ist das genau das, was passiert, wenn die Dinge sich nicht als das entpuppen, was sie sollten. Wenn du Vertrauen hast, musst du dich bloß darauf verlassen, dass jedes Ergebnis zu deinem Vorteil ist. Du magst es nicht bemerken, bevor ein bisschen Zeit vergangen ist...

 

Verfasser unbekannt

 

 

 

Urteile nie

 

Ein alter Mann lebte in eine Dorf. Er war arm, aber selbst Könige waren neidisch auf ihn, denn er besass ein wunderschönes weisses Pferd. Die Könige boten phantastische Summen für das Pferd. Aber er verkaufte es nicht.

 

Eines morgens fand er sein Pferd nicht im Stall. Das ganze Dorf versammelte sich, und die Leute sagten: "Du dummer alter Mann! Wir  haben immer gewusst, dass das Pferd eines Tages gestohlen würde. Es wäre besser gewesen, wenn du es verkauft hättest. Welch ein Unglück!" Der alte Mann sagte: "Geht nicht soweit, das zu sagen. Alles, was ist, ist: Das Pferd ist nicht im Stall. Soviel ist Tatsache. Alles andere ist Vorutreil. Ob es ein Unglück ist oder ein Segen, weiss ich nicht, weil ich nicht weiss, was folgen wird."

 

Die Leute lachten den Alten aus. Sie hatten schon immer gewusst, dass er ein bisschen verrückt war. Aber nach 15 Tagen kehrte das Pferd zurück. Es war nicht gestohlen worden, sondern in die Wildnis ausgebrochen. Und nicht nur das: Es brachte noch zwölf weitere  wilde Pferde mit sich. Wieder versammelten sich die Leute und sagten: "Alter Mann, du hattest recht, es hat sich tatsächlich als Segen erwiesen." Der Alte entgegnete: "Wieder geht ihr zu weit. Alles was ist, ist: Das Pferd ist zurück. Ihr lest nur ein einziges Wort in einem Satz- wie könnt ihr das Buch beurteilen?"

 

Der alte Mann hatte einen einzigen Sohn, der begann, die Wildpferde zu trainieren. Schon nach einer Woche später fiel er vom Pferd und brach sich die Beine. Wieder versammelten sich die Leute und wieder ureilten sie: "Du hattest Recht, es war ein Unglück. Dein einziger Sohn kann nun die Beine nicht mehr gebrauchen, und er war die Stütze deines Alters. Jetzt bist du ärmer als je zuvor."

Der Alte antwortete: "Ihr seit besessen vom Urteilen. Alles was ist, ist: Mein Sohn hat sich die Beine gebrochen. Niemand weiss ob dies ein Unglück oder ein Segen ist. Das Leben kommt in Augenblicken, mehr kriegt ihr nie zu sehen."

 

Es ergab sich, dass das Land einen Krieg begann. Alle jungen Männer des Ortes wurden zwangsweise zum Frontendienst eingezogen. Nur der Sohn des alten Mannes blieb, weil er geborchene Beine hatte. Der Ort war vom Wehgeschrei erfüllt, weil dieser Krieg nicht zu gewinnen war und man wusste, dass die meisten jungen Männer nicht nach Hause zurückgehren würden. Die Leute kamen zum alten Mann und sagten: "Du hattest recht, es hat sich als Segen erwiesen."

 

Der alte Mann antwortete: "Ihr hört nicht auf zu urteilen. Alles was ist, ist: Man hat eure Söhne in die Armee eingezogen, und mein Sohn wurde nicht eingezogen. Nur das Ganze weiss ob es ein Segen oder ein Unglück ist. Ureile nie!"

 

Verfasser unbekannt

 

 

 

Bewerten vs. Akzeptieren

 

Die Geschichte eines Weisen, der in der Lotterie ein teures Auto gewann. Seine Familie und seine Freunde freuten sich für ihn und kamen, um mit ihm zu feiern. "Ist das nicht wunderbar" sagten sie: "Du bist ein Glückspilz". Der Mann lächelte und sagte: "Mag sein." Ein paar Wochen machte es ihm Freude mit dem Auto herumzufahren. Dann, eines Tages, stiess auf einer Kreuzung ein betrunkener Autofahrer mit ihm zusammen und er musste mit zahlreichen Verletzungen ins Spital eingeliefert werden. Seine Angehörigen und Freunde besuchten ihn dort und sagten: "Das war aber wirklich  Pech." Wieder lächelte der Mann und sagte: "Mag sein."

Eines Nachts, während er noch im Spital lag, wurde sein Haus duch einen Erdrutsch ins Meer gerissen. Am nächsten Morgen kamen die Freunde und  sagten: "Hast du Glück gehabt, dass du unterdessen hier im Spital warst." Wieder sagte er: "Mag sein."

 

Eckhart Tolle

  

 

 

 

Was immer geschieht, an uns liegt es, Glück oder Unglück darin zu sehen.

 

Zitat von Anthony de Mello

 

 

 

Das Monument

 

Gott, bevor er seine Kinder zur Erde sandte, gab er jedem von ihnen ein sehr sorgfältig ausgewähltes Paket von Problemen.

Diese, versprach er lächelnd, gehören alleine dir. Kein anderer wird die Segnungen haben, die diese Probleme dir bringen werden.

Und nur du hast die speziellen Talente und Fähigkeiten, die nötig sein werden, um diese Probleme zu deinen Dienern werden zu lassen.

Nun geh hinab zu deiner Geburt und zu deiner Vergesslichkeit. Wisse, dass ich dich liebe über alle Maßen...

Die Probleme, die ich dir gab, sind ein Symbol für diese Liebe. Das Monument, das du aus deinem Leben machst, mit der Hilfe deiner Probleme, wird ein Symbol deiner Liebe zu mir sein.

 

Anthony de Mello